Großer Bahnhof beim neuen Verein
Artikel aus der Fellbacher Zeitung vom 18.03.2011 Stetten.
Im TV-Heim tauschen zahlreiche Befürworter und Gegner vonStuttgart 21 ihre Argumente aus. Von Michael Käfer
Warum sind die Durchgangsbahnhöfe in München und Frankfurt nicht gebaut worden? Wo liegen beim Projekt Stuttgart 21 die verkehrstechnischen Vorteile für Kernen? Wie sieht es mit den Kosten aus? Diese und etliche weitere Fragen über Stuttgart 21 diskutierten am Mittwochabend rund 80 Bürger im Stettener TV-Heim.
Es war die erste öffentliche Veranstaltung des neuen Vereins Kernen 21, der sich die Förderung eines zukunftsfähigen Öffentlichen Personennahverkehrs vorgenommen hat. Die Vorsitzende Christine Brencher und der Pressesprecher Eberhard Kögel hatten nicht nur Udo Andriof, den Projektsprecher für Stuttgart 21, und Jürgen Merks vom BUND-Landesverband zu einleitenden Impulsreferaten eingeladen. Um den souveränen Moderator Matthias Uhlig scharten sich noch die sechs Diskutanten Jochen Alber (CDU), Christian Kollmer (SPD), Werner Neher (Grüne), Fritz Braun (FDP), Jörg Drechsel (Die Linke) und Thomas Bezler (Die Violetten). Während auf dem Podium zwei Befürworter und vier Gegner des Projekts saßen, dürften die Mehrheitsverhältnisse im Publikum noch eindeutiger zu Ungunsten des umstrittenen Sieben-Milliarden-Projekts verteilt gewesen sein. Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, entwickelte sich eine zwar lebhafte, aber faire Diskussion.
Udo Andriof trug die für eine Kombination von Neubaustrecke und Durchgangsbahnhof sprechenden Argumente vor. “ Baden-Württembergs wichtigstes Infrastrukturprojekt“ liefere nicht nur ein „gewaltiges Motiv zum Umsteigen“ auf die Bahn, sondern sei leistungsfähiger, mindere den Lärm und sei im Hinblick auf europaweite Fernverbindungen unverzichtbar, sagte der ehemalige Regierungspräsident.
Zweifel an diesen Thesen meldete Jürgen Merks an, der insbesondere die angeblich höhere Leistungsfähigkeit von S21 gegenüber der Variante eines modernisierten Kopfbahnhofs, wie der Verein und lange vor ihm K21 genannt, stark bezweifelte: „Wenn wir beide Fahrpläne vergleichen, dann ist K21 in zwei Drittel der Fälle schneller als S21.“ Außerdem sei der Tiefbahnhof „zu teuer und städtebaulich entbehrlich, wenn nicht gar schädlich.“
Thomas Bezler verwies unter anderem auf die Bedürfnisse von älteren Menschen und Behinderten. Auch in einem Notfall „gibt es nichts besseres als einen Kopfbahnhof“. Jörg Drechsel bezweifelte den versprochenen Arbeitsplatzeffekt für die Region. Er ist beruflich häufig auf der Baustelle und hat festgestellt: „Schwäbisch spricht dort kaum einer von den Arbeitern.“ Obwohl er zugestand, dass „K21 möglicherweise Vorteile hat“ bezeichnete sich Fritz Braun als S21-Befürworter und betonte die vielen Informationsmöglichkeiten über das Projekt. Für Christian Kollmer, entgegen seiner Parteilinie ein entschiedener S21-Gegner, ist das Projekt angesichts der demographischen Entwicklung „am Bedarf vorbeigeplant“. Nach Ansicht von Werner Neher verdrängt S21 andere wichtige Infrastrukturprojekte. Er plädierte für mehr Mut zu Planänderungen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht betonte Jochen Alber: „Die Verfahren waren von Anfang an in Ordnung.“ K21 sei wegen mangelnder Planfeststellungsfähigkeit „absolut keine Alternative“.
In den beiden anschließenden Diskussionsrunden traten die unterschiedlichen Positionen nochmals deutlich hervor. Kaum jemand dürfte an diesem Abend seine Haltung zu Stuttgart 21 geändert haben. Häufig, aber nicht immer, gab es ausreichende Auskünfte. Der Fragesteller, der sich nach den abgelehnten Durchgangsbahnhöfen in München und Frankfurt erkundigt hatte, verließ jedenfalls ohne Antwort den Saal und will jetzt lieber einen Brief schreiben, damit er aufgeklärt wird
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Die Violetten für Veränderung des Geldsystems
Für ein „radikales Umdenken“ tritt die Partei „Die Violetten“ ein. Ihr Logo ist der lilafarbene Schmetterling mit dem Schriftzug „die Zeit ist reif für spirituelle Politik“. Die Partei strebt laut Programm eine Gesellschaft an, in der individuelle spirituelle Entwicklung, Eigenverantwortung, Mitgefühl, Hilfsbereitschaft, Kreativität, offene Kommunikation, ökologisches Denken und Handeln, Freiheit im Geistesleben, Menschlichkeit im Wirtschaftsleben, Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit aller Menschen, Achtsamkeit und gegenseitiger Respekt sowie Liebe, Toleranz und Wertschätzung obenan stehen. Konkret heißt das: „Die Violetten“ treten für eine Veränderung des Geldsystems und die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens ein. Das bisherige System diene der Geldanhäufung bei wenigen und großer Armut von vielen. Zentrale Punkte für den Ulmer Kandidaten Simon Beißwenger sind auch kostenfreie Bildung, Wandel im Umgang mit Natur und Tieren, freie Therapiewahl im Gesundheitswesen und mehr Demokratie durch landesweite Volksentscheide, zum Beispiel bei Stuttgart 21.
Der 38-jährige Physiker arbeitet als Lehrer an der Waldorfschule. Der gebürtige Neckarsulmer kam nach einer Tätigkeit in der Energie- und Umweltforschung 2009 nach Ulm und ist seit 2010 Mitglied der „Violetten“. Die Wählerinformation – von Wahlkampf spricht die Partei nicht – finanziert sich aus Spenden.
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Evolution statt Revolution

Crailsheim. Mit nur acht Kandidaten treten „Die Violetten“ in Baden-Württemberg zur Landtagswahl an – einer davon ist Andrej Peters (26) aus Crailsheim, der im Wahlkreis 22 für eine „spirituelle Politik“ wirbt.
In der recht flüchtigen Rubrik „Kleinparteien“ halten sich „Die Violetten“ schon lange: Im Januar 2001 gegründet, stehen bundesweit mittlerweile 3000 Männer und Frauen hinter einem Weltbild, das die Partei selbst so beschreibt: „Die Violetten sehen sich als Vertreter und Sprachrohr einer wachsenden Zahl von spirituellen Menschen an. Von all jenen, die sich der geistigen Dimension unserer Welt bewusst sind und die ihre ganzheitliche und nicht nur rein materialistische Weltanschauung auch in der Politik vertreten sehen möchten. Spirituell heißt für uns, in erster Linie dem Wohl allen Seins verpflichtet zu sein.“
Mit Religion, irgendwelchen Sekten oder Glaubensgemeinschaften haben die „Violetten“ nach eigener Darstellung allerdings nichts am Hut: Ob Yoga-Fan, Schamanen-Trommler oder nachdenklicher Buchhalter – alle Überzeugungen und Weltbilder sind in dieser Partei willkommen, sofern sie im Einklang mit dem spirituellen Seelenheil der Menschen und dem Schutz ihres Planeten stehen.
Auch Andrej Peters, der als Busfahrer auf der Expresslinie Nürnberg-Prag pendelt, hat schon vor Jahren erkannt, dass „der tiefere Sinn des Lebens nicht im Konsum und in materiellen Dinge liegt, sondern in der inneren Erfüllung – auch wenn uns zum Beispiel in der Werbung dauernd das Gegenteil suggeriert wird.“
Diese Überzeugung führte ihn im August 2009 zu den „Violetten“ – die Farbe steht in vielen Kulturen für „Würde“ und „Erkenntnis“. Allerdings hat sich Letztere bislang noch nicht massenhaft in Wählerstimmen niedergeschlagen: Bei der Bundestagswahl 2009 zum Beispiel verbuchte die Partei lediglich 0,1 Prozent auf der Haben-Seite. Andrej Peters lässt sich durch derlei Stimmen-Tiefs nicht frustieren: „Das ist für mich eher motivierend, unsere Ideen noch besser vorzustellen“.
Ein wesentlicher Weg zu einem erfüllten Leben führt bei den „Violetten“ über ein „bedingungsloses Grundeinkommen“, wie es auch schon Götz Werner, Gründer der Drogeriekette „dm“, vorgeschlagen und als durchaus machbar berechnet hat. Ein solches „Grundeinkommen“ würde sämtliche staatliche Leistungen ablösen.
Auch wenn die Höhe einer solchen Unterstützung noch unklar ist (Modelle schwanken zwischen 500 und 2500 Euro): „Wenn die Existenz grundsätzlich gesichert ist, dann haben die Menschen die Freiheit, sich mit dem zu beschäftigen, was sie tatsächlich lieben“ – so Andrej Peters, der gerne auch Schauspieler geworden wäre, aus finanziellen Gründen bislang aber auf seinen Traumberuf verzichten muss.
Und warum haben sich nun die allesamt idealtypischen Ideen der „Violetten“ noch nicht auf breiter Front durchgesetzt? „Menschen mit einem betonierten Weltbild können sich oft nicht vorstellen, dass es auch anders gehen kann“, so der Kandidat aus Crailsheim. „Die Violetten“ jedenfalls streben keine „Revolution, sondern eine Evolution“ der ökonomischen und politischen Verhältnisse an.
Andrej Peters weiß sich dabei in bester Gesellschaft mit Mahatma Gandhi, der seinen Kampf um eine bessere Welt einst so beschrieben hat: „Zuerst ignorieren sie Dich, dann lachen sie über Dich, dann bekämpfen sie Dich – und dann gewinnst Du.“
http://www.swp.de/crailsheim/lokales/crailsheim/Evolution-statt-Revolution;art5507,844692
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Christina Diggance hat den Bundesvorsitz der Partei „Die Violetten“ übernommen
Kirchen.
Christina Diggance hat den Bundesvorsitz der Partei „Die Violetten“ übernommen. Die 44-Jährige aus Kirchen, einem Teilort von Ehingen, ist am Wochenende gewählt worden. „Ich muss jetzt erst mal meinen Platz finden, das ist klar“, sagt Christina Diggance. Die 44-Jährige, die in Kirchen lebt, wurde am Wochenende in Hessen während der 25. Bundesversammlung der Partei „Die Violetten“ zur Bundesvorsitzenden gewählt. Allzu überraschend kam dieser Schritt nicht: Während der vergangenen zwei Jahre stand Christina Diggance bereits an der Spitze des Landesverbandes der „Violetten“ und war ein Jahr Beisitzerin im Bundesvorstand der Partei.
„Die Kollegen kamen auf mich zu“, berichtet die gebürtige Saarbrückerin. Zu einer Kampfabstimmung kam es nicht – das widerspräche auch dem Bild, das „Die Violetten“ von der Politik haben. Auf die Gemeinschaft wird Wert gelegt – und darauf, dass diejenigen, die Ämter innehaben, auch miteinander auskommen. In der Region gebe es „eine Handvoll“ Parteimitglieder. „Aber wir haben sehr viele, die uns unterstützen.“
Die Partei „Die Violetten“, die im Jahr 2001 gegründet wurde, sieht sich als Vertreterin spiritueller Menschen. Wert gelegt wird unter anderem auf Direkte Demokratie Umweltschutz, Erziehung und Bildung, die das Wohl des Ganzen im Auge hat, sowie eine Neudefinition der Arbeit – weg vom Materiellen und hin zum Menschen. Auch ein „bedingungsloses Grundeinkommen“ wird gefordert. jmb
Südwest Presse 11.03.2010
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„Am Anfang jeder Realität steht ein geistiger Impuls“
Vertreter des Bundes- und Landesvorstandes der „Violetten“ besuchen Hohenlohe – Politik und Spiritualität im Blick
„Die Violetten“ treten für spirituelle Politik ein. Vertreter des Bundes- und Landesvorstandes stellten nun erstmals auch in Hohenlohe ihr Programm vor.
Rot am See. Gisela und Walter Neumann haben zu Jahresbeginn in ihrem Reubacher Haus einen Seminarraum eröffnet. Sie veranstalten Kursabende und Seminare rund um das Thema Persönlichkeitsentwicklung, Lebensqualität und ganzheitliches Bewusstsein. Zu einer Gesprächsrunde über „Politik und Spiritualität“ hatten sie kürzlich eingeladen, und als Referenten waren Bruno Walter und Christina Diggance vom Vorstand der violetten Partei zu Gast.
„Die Violetten“ bestehen seit 2001 und standen bei der Europawahl im vergangenen Jahr zum ersten Mal bundesweit auf dem Stimmzettel. Sie sehen sich laut Parteiprogramm als „Sprachrohr einer wachsenden Zahl von Menschen, die sich auch der geistigen Dimension unserer Welt bewusst sind“, und die ihre ganzheitliche Sichtweise auch in der Politik vertreten sehen möchten.
Für Christina Diggance hat Spiritualität nichts mit Religion oder Esoterik zu tun: „Am Anfang jeder Realität steht ein geistiger Impuls“, führt sie aus, und ist überzeugt davon, dass wir das stärken und manifestieren, worauf wir die Gedanken fokussieren. Die Beisitzerin im Bundes- und Landesvorstand lehnt es deshalb auch ab, politisch gegen etwas zu kämpfen, sondern will mit positiver Intention für etwas eintreten. Für ein bedingungsloses Grundeinkommen zum Beispiel, für freie Schulen, oder für eine freie Wahl des Gesundheitssystems.
Ein weiterer Eckpfeiler violetter Politik ist die direkte Demokratie. Bundesvorsitzender Bruno Walter sieht in Volksinitiativen und Volksentscheiden grundlegende Instrumente zur politischen Willensbildung. „Drei Viertel aller Bundesbürger lehnen zum Beispiel Auslandseinsätze der Bundeswehr ab“, konstatiert der 47jährige, „aber nur wenige Einzelne entscheiden darüber. Das muss geändert werden.“
Utopische Ziele einer unbedeutenden Splitterpartei? Die beiden Vorstandsmitglieder sehen das anders: „Wie werden uns dem Wandel nicht entziehen können“, sagt Christina Diggance, und registriert einen wachsenden Paradigmenwechsel in der Gesellschaft, weg von einer materialistischen Sichtweise, hin zu ganzheitlichen Ansätzen in allen Lebensbereichen. Nicht der Wahlkampf stehe deshalb im Mittelpunkt der Parteiarbeit, sondern Aufklärung, Bewusstseinsbildung und die Schaffung einer „Plattform im System, für die Menschen, die etwas ändern wollen.“
Hohenloher Tagblatt, 06.02.2010